Der Herbst des Lebens zieht ins Land. Und so ist es hoch an der Zeit, sich noch einmal auf den Weg zu machen. Spannende Menschen treffen. Wunder bestaunen, die da draußen auf den warten, der sie sehen mag. Auf unserer Reise zu uns selbst umrunden wir dieses Mal die Adria – auf der Jadranska Magistrale über Slowenien, Kroatien, Montenegro hinunter nach Albanien, dann über das Meer und über Apulien, Amalfi, Abruzzen und die Toskana den italienischen Stiefel wieder hoch nach Hause.

Slowenien, Kroation, Montenegro, Albanien, Italien, Schweiz

 

Die glorreichen Sieben und das Meer

von Gernot Stadler

Regen in Kitzbühel, Spurensuche in Opatja, Kurvenrausch in Kroatien, Schwimmen vor Amalfi, Eisregen in den Abruzzen, Baden in heißem Schwefel Saturnias, Chillen am Iseosee: die „Gloreichen Sieben” Traugott, Martha, Roberto, Shirly, Rochus, Lisi und ich machen sich mit vier Guzzis und einer Kathi auf eine 17-tägige Reise rund um das Adriatische Meer. Sie sammeln 3.800 Kilometer und neue Eindrücke von Land, Leuten und sich selbst. Doris mit ihrer Honda war auch dabei.

 

Iselsberg an der Südflanke des Großglockners im Wonnemonat Mai

Tage 1a und 1b: Feldkirch – Kirchberg – Iselsberg

 

Kreuzfahrt durch Westösterreich

393 km, ø 69 km/h, 05:42 h

Ein psychisch gestörtes Dauertief mit seinen Schwestern dominiert in diesem Frühjahr weite Teile der Alpenrepublik. Und das sollte für Tage, Wochen, Monate so bleiben. Die Abenteurer der Guzzisti Montfort aus dem Westen Österreichs freuen sich daher enden wollend über die drohende nasse Kreuzfahrt durch die Fjorde Vorarlbergs, Tirols Schären und Salzburgs Untiefen bis zum Ankern in der berühmten Osttiroler Hafenstadt Iselsberg nach 212 Seemeilen (= 393 Kilometer).

 

Wetterbedingt trennen sich die Kreuzfahrer:innen schon bevor die eigentliche Reise beginnt: Traugott, Lisi & Gernot sowie Rochus mit seiner Shirly nutzen ein Minizwischenhoch und starten einen Tag vor dem vereinbarten Reisebeginn in die erste von zwei Abschnitten: Tag 01a von Feldkirch über das Kühtai nach Kirchberg (283 km), wo Ende Mai noch die Weihnachtsbeleuchtung hängt, und die Kellnerin sich über Personalmangel und den Chef beschwert. Dann, am Tag 01b trödeln sie die restlichen verregneten 110 km über Kitzbühel, die Pässe Thurn und Felbertauern nach Lienz und hinauf nach Iselsberg in die Pension Alpenrose an der Glocknerstraße.

 

Martha und Roberto dagegen haben keinen Hundesitter für den Seewolf gefunden und schwimmen deshalb wie geplant in einem Tag von Feldkirch nach Iselsberg, wo nachmittags auch noch Doris landet, die sich von Wien aus durch Österreichs Osten geschlagen hat um uns bis Opatja ans Meer zu begleiten. Aus beiden Richtungen bringen sie den Regen, und somit geht dieser Tag als „Wasserfall von Iselsberg” in die Geschichtsbücher ein.

Pause nach einem scharfen Ritt durchs geschichtsträchtige Socatal

Tag 2: Iselsberg – Socatal – Opatija

 

Ein Hauch von mondäner Dekadenz

348 km, ø 56 km/h, 06:12 h

Neuer Tag, neues Glück, und das Glück heißt: Sonne in Iselsberg, null Verkehr im Drautal, geiler Ritt über den Gailbergsattel, trockenes Nassfeld und pittoresker Perdilpass, sowie 1. Verwarnung für Martha durch die örtlichen slowenischen Streckenposten (Betreten eines Kreisverkehrs gegen die Fahrtrichtung). 

 

Und Glück heißt auch, gemeinsam mit Freunden die frisch gewaschenen, schwarzen Asphaltkurven im Socatal zu kratzen, immer hart am Rand des Regens entlang zu schrammen, eine zünftige Bretteljause mit Landjägern, Schnifner Bergkäse und Lustenauer Senf am Straßenrand vespern. Oder später am Tag dann lachend den Tanz mit dem Regenzeug zu absolvieren und eine zickende Honda sicher ans Ziel zu bringen. Routen- und Hoteltipps für Slowenien: https://guzzisti.at/in-strada/slowenien-2022. Der große Wolkenbruch erreicht uns dann pünktlich zum Sonnenuntergang, aber da sitzen wir schon in der Hotelbar in Opatija.

 

Das Seebad an der Kvarner Bucht strahlt immer noch den Charme der Monarchie aus. In der Ära der österreichisch-ungarischen Kaiserzeit war Opatija ein mondäner Kurort für den Adel und Reiche aller Art. Es ist der Zauber dieser Zeit, der sich vor allem in der prächtigen Architektur der Palais, Hotels und Villen widerspiegelt und Opatija auch heute noch einen Hauch von mondäner Dekadenz verleiht. 

 

Wir freuen uns über das gemütliche, ehemalige k.u.k. Hotel Domino und ein großzügiges 27,- € Diner-Buffet an der weltberühmten Küstenpromenade Lungomare, wanken vollgestopft im strömenden Regen nach Hause und fallen in die bequemen Betten.

Die Jadranska Magistrale – Küstenstraße  mit hohem Suchtpotenzial

Tag 3: Opatja – Zadar

 

Kurven kratzen ohne Ende

239 km, ø 55 km/h, 04:18 h

Kaiser-Frühstück am ehemaligen k.u.k. Meer, mit Privatstrand, Möwen, Sonne und milden Temperaturen. Die große Zehe misst exakt 20,5° C Wassertemperatur, das Buffet vom Abend liegt immer noch schwer im Magen und das Leben ist schön. Nicht schön ist es für Doris, die mit ihrer zickenden Honda zurück nach Wien reiten muss, eskortiert von Traugott als Begleitschutz, der so eine 500 km Extraschleife einlegen muss. 

 

Wir anderen machen uns auf die Socken, die Stadtdurchquerung von Rijeka wird die erwartet zähe Partie und auch der Weg nach Crikvenica versetzt uns nicht wirklich in Extase. 

 

Aber plötzlich geht es dann los mit dem Kurvenwahn der Jadranska Magistrale: kein Verkehr, kein Regen, kein Schlagloch – auch keine Tankstelle (!). Die sensationellen 113 km Küstentraße der Magistrale beginnen bei Senj und enden in Starigrad.

 

Kollektives Kurvenspektakel bis zum Abwinken. Links die Steine, rechts das Meer und der Kompass zeigt immer nach Süden. Unterbrochen von einem Boxenstop in Senj und ein paar Fotoshootings entlang der Strecke landen wir euphorisiert in unserer Herberge in Zadar: Hinterhof-Feeling aber preiswert mit einer freundlichen kroatischen Mama-Chefin, sicheren Parkplätzen in einer Sackgasse und wanderbarer Distanz in die Altstadt. 

 

Wir lassen uns durch die Altstadt treiben und landen pünktlich zum Sonnenuntergang an der berühmten Meeresorgel von Zadar. Was für ein wunderbarer Platz mit friedlichen Menschen, kroatischen Selfie-Schönheiten, trippelnden Japanern, deutschen Sockenträgern und streichelsüchtigen Hunden. Alle fasziniert vom Gratiskonzert der Meeresorgel, die an ferne Walgesänge erinnert. 

 

Nachdem die Sonne ins Wasser gefallen ist, landen wir in einem kleinen, einheimischen Restaurant und erfreuen uns an der dalmatischen Küche. Unsere Medikamente nehmen wir mit Bier ein und Rochus nennt dies „Vodka Thrombo-ASS” für den tapferen Biker ab 60.

Dieser Tag wird als der kurvigste in unserer Erinnerung bleiben: Endlose Kurven auf dem schwarzen Asphalt der Magistrale, wunderbare Kurven in den bunten Kleidern der Frauen von Zadar und so manche Schikane auf unserem Weg ins Apartment Matulic, den wir belustigt vom „Vodka Trombo-ASS” nach Hause schwanken...


Landeanflug auf das malerische Bol an der Südküste von Brac

Tag 4: Zadar – Brac

 

Brac oder: ein irrer Ritt über die Berge

232 km, ø 50 km/h, 04:34 h

Der frühe Vogel fängt den Hund – zur Belohnung wollen wir einen der schönsten Aussichtspunkte an der Adria auf dem Kamenjak oberhalb des Vrana-Sees besuchen. Der Blick auf die Adria mit den vorgelagerten Inseln ist einzigartig – soweit die Theorie. In der Praxis beginnt unser Tag mit einer dicken Schicht Sonnencreme auf Robertos zartem Gesicht – Rochus nennt das „Helmhorroiden-Salbe”. Stunden später vergeht uns das Lachen, als wir merken, dass wir lange Zeit einen riesigen Umweg gefahren sind auf unserem Weg nach Split. Nichts wird es mit dem Aussichtspunkt auf dem Kamenjak mit seiner einzigartigen Sicht. 

 

Tag Vier geht somit als Tag der Verfahrung in die Geschichte ein, aber wenigstens finden wir die adriatische Perle Primosten: früher war die malerische Kleinstadt nur über eine Zugbrücke erreichbar. Als Schutz gegen Piraten, heute wünschen sich viele Primostener ihre Zugbrücke zurück: als Schutz vor Touristen.

 

Im Park von Trogir machen wir dann Halt im schattigen Park und genießen kulinarische Köstlichkeiten aus Vorarlberg: warme Landjäger und geschmolzenen Bergkäse, besser bekannt als Käsefondue. Ein Verdauungsspaziergang durch die historische Altstadt bringt uns zurück nach Kroatien.

 

In Split angekommen, checken wir auf der Fähre nach Brac ein. Kurz vor dem Ablegen schafft es auch noch Traugott nach seiner 500 km Extrarunde über Klagenfurt und Senj. Seine Kathi glüht vor Hitze, sein Gesicht glüht vor Freude über sein Rodeo auf der Magistrale. Die 50-minütige Überfahrt von Split nach Bol nutzen wir als Come-Back-Party, überglücklich, dass wir wieder komplett sind. Doris ist inzwischen sicher in Wien gelandet und wird ihre kranke alte Honda durch eine neue Transalp ersetzen. 

 

Die glorreichen Sieben hingegen landen am späten Nachmittag in Supetar auf Brac und entscheiden sich für einen irren Ritt über die Berge in den Inselsüden. Vorbei an zwei echten Straßenschlangen, die nicht mehr klappern und sich in die bisherigen Tiersichtungen einreihen: 2x Huhn, 1x Rabe, 1x Kurvenkuh, 1x Adler, 1x Schildkröte, 2x Möwe, 2x Schlangen tot, 1x Schlange lebend, 1x Fuchs (oder Wildschwein). Im Süden öffnet sich ein unglaublich schöner Blick über das Meer, das sich im weichen Licht der Nachmittagssonne badet. Der Landeanflug auf Bol im Süden der Insel zählt zu den schönsten Erinnerungen an die adriatischen Reise.

 

Das Hotel Kastil liegt perfekt direkt am Meer im verträumten Bol, und eigentlich ist alles perfekt bis auf den Schreihals, der uns die Zufahrt zum Hotel über den Hauptplatz verbietet und die Bettwanzen, die mich morgens um zwei Uhr fünfzig in einem perfekt koordinierten Angriff überfallen. Lisi zählt 17 Einschläge auf meinem geschundenen Buckel. Wir flüchten am folgenden Tag in ein anderes Zimmer und das Problem ist gelöst. Der Juckreiz nicht.

Zlatni Rat, das Goldene Horn: der berühmteste Kieselstrand Kroatiens

Tag 5: Brac, Ruhetag

 

Kein Wein. Kein Geld. Kein Männerchor.

13x Campari, 7x gegrillter Fisch, 15 € Rabatt

Der erste Ruhetag unserer Reise. Medizinmann Roberto hat neben seiner Gesichtscreme auch Salben gegen Bettwanzenbisse im Angebot, was mein Leiden lindert. Auf die geplante Tagestour nach Mostar hat keiner Lust. So vertrödeln wir den Tag, wandern auf einer schattigen Promenade zum Zlatni Rat, dem Goldenen Horn. Der wohl berühmteste Kieselstrand Kroatiens ist heute ziemlich einsam – ein kalter Wind weht von Nordosten übers Meer und wühlt das Wasser auf.

 

Rochus und Shirly verabschieden sich für eine dringende Zimmerstunde, der Rest trippelt langsam wieder Richtung Bol City. In der Pizzeria vom Vorabend winkt der Kellner und drückt mir 15,- EUR in die Hand – das ist der Hotelrabatt, den wir gestern Abend vergessen haben. Ich liebe Brac!

 

Zum Abendessen gibt es den besten Fisch der Reise, frisch gegrillt über offenem Feuer, während die Wellen zum traumhaften Sonnenuntergang an die Promenade klatschen. Später werden wir am Betreten des Hotels gehindert: direkt vis-à-vis steigt eine Party in einer kleinen Vinothek. Wir nehmen Platz, werden lachend darauf hingewiesen, dass offiziell geschlossen ist, dass es nichts zu trinken gibt, und dass deshalb auch nicht bezahlt werden darf.

 

Also trinken wir viel Wein, den es nicht gibt, bezahlen mit Geld, das wir nicht brauchen und werden von einem kroatischen Männerchor besungen, den es auch nicht gibt. Wir lieben Brac!

 

Resümee: was es nicht alles so gibt auf dieser wunderschönen Insel, dem Geheimtipp an der Makarska Riviera.


Pelješac Brücke: die atemberaubende Brücke über die Bucht von Mali Ston

Tag 6: Brac – Dubrovnik

 

Wetterpech und Fährenglück

181 km, ø 61 km/h, 03:00 h

Der Abschied von Bol fällt schwer, weil es – erstens – so schön war und – zweitens – wieder regnet. Durch den Regen sind die Straßen rutschig, dafür liegen keine Schlangen herum. In Sumartin landen wir rechtzeitig vor 11:00 bei der Fähre, bekommen aber kein Ticket mehr.  Schulterzuckend wird uns mitgeteilt, dass die nächste Fähre um 18:00 Uhr fahren wird. Etwas spät für die gut 3-stündige Fahrt nach Dubrovnik.

 

Zu uns gesellt sich ein schwangeres Ehepaar, das angeblich in den Wehen liegt, um noch einen Platz auf der Fähre zu ergattern. Kurz und gut: wir bekommen doch noch die letzten freien Plätze auf der 11:00 Uhr Fähre, während die zwei Minuten zu spät Gekommenen trotz Ticket warten müssen. Wütende Schreie und in die Höhe gereckte Fäuste begleiten unser Ablegen. Dafür sind wie durch ein Wunder die Wehen des Ehepaars während der Überfahrt abgeklungen…

 

Merke: auf den kleinen Fähren frühzeitig online Tickets kaufen!

 

Die Fahrt von Makarska nach Dubrovnik verläuft mit überschaubaren Höhepunkten: die wunderbare Magistrale, den wegen der Nebelschwaden nicht besuchten Glasplattform auf dem Sveti Jure und zwei Stopps, weil Martha irgendwelche Dinge verliert.

 

Ein echter Höhepunkt wird allerdings der geplanten Stopp vor der berühmten Pelješac Brücke: die 2.404 m lange Schrägseilbrücke mit ihren knapp 100 m hohen Pylonen spannt sich atemberaubend über die Bucht von Mali Ston und erspart uns die zweimalige Grenzüberschreitung nach Bosnien-Herzegowina. Später streunen wir durch Mali Ston mit seiner „Chinesischen Mauer”, wo uns dann der Regen wieder vertreibt.

 

Abends schlafen wir in der Villa Dorma mit Motorrad-Garage, einen idealen Steinwurf entfernt von Dubrovniks Altstadt gelegen. Die Preise in der wunderschönen Altstadt sind gesalzen, aber die Touristenströme halten sich Ende Mai noch in erträglichen Grenzen. Ein gemütlicher Abend am alten Hafen beendet den Tag von Traugott, Lisi und Gernot, während sich „die Jungen” in Person von Roberto, Martha, Rochus und Shirly noch im Hard-Rock Café austoben (mehr oder weniger).

Empfehlung: die Reederei GNV hält was sie verspricht – im Gegensatz zur kroatischen Jadrolinija

Tag 7: Dubrovnik – Durres

 

Plan B: der Umweg über das Meer

313 km, ø 52 km/h, 06:10 h

Planänderung: anstatt die Adria heute mit der bereits gebuchten und bezahlten Fähre nach Bari zu queren, müssen wir noch weiter nach Albanien. Die Reederei Jadrolinija hat kurz vor Reisebeginn grundlos mitgeteilt, dass die bereits bezahlte Überfahrt ersatzlos gestrichen wurde.

 

Für mich hat das bedeutet, Hotels für sieben Personen zu stornieren, umzubuchen und die Route, bzw. Fähre über Albanien nach Bari zu planen. Selbst jetzt beim Schreiben – lange nach dem Ende der Reise – macht mich das präpotente Geschreibsel der Drecksreederei „butzverruckt”. Auch die Magistrale ab Dubrovnik hat ihre Schönheit verloren: zuviele Kolonnen wegen der LKW´s, zuwenig Kurven, zuviele Streckenposten ...

 

An der Grenze zu Montenegro gibt's dann doch noch was zu lachen: in Verwechslung des Grenzüberganges mit einer Mautstelle will Rochus dem Grenzbeamten 8,- EUR statt seines Passes überreichen. Der Beamte winkt ihn durch und die Guzzis bollern im Formationsflug durch die Bucht von Kotor, gefolgt von der Kathi aus Mattighofen als Begleitschutz.

 

Und wieder stehen wir an einer Grenze, und wieder wird es heiter – diesmal am Grenzübergang Muriqan/Sukobin zwischen Montenegro und Albanien: der Eintritt ins Land der Skipetaren ist in hübschem Lila bemalt. Alle Gebäude, die Blumentöpfe, die Türen – alles lila. Streng amtshandelnden Uniformierten geben einen absurd-skurrilen Kontrast zum fröhlichen Gekleckse. Wir trauen uns nicht zu fragen, ob dieses Design auf Absicht oder dem farblichen Sonderangebot eines örtlichen Ladenhüters beruht, also lächeln wir uns freundlich durch die Amtshandlung der Einreise hinweg.

 

Die Fähre in Durrës ist sauber, das Personal ist freundlich und auch die Abfahrt verzögert sich nur knapp um drei Stunden, da noch viele LKW´s durch den Ausfall der Dubrovnik Fähren eintrudeln. Die Verspätung wird über Nacht auf der spiegelglatten See wieder eingeholt und die Fähre landet pünktlich am frühen Morgen in Bari.

Matera, der älteste besiedelte Ort der Welt, verzaubert mit seinem morbiden Charme

Tag 8: Bari – Sapri

 

Exklusiv: das Unwetter des Jahres

296 km, ø 56 km/h, 05:17 h

Der Tag beginnt mit einem lustloser Zöllner im Hafen von Bari, Hektik in der City, einer verpassten Autobahn-Ausfahrt, und langsam wird es auch mit dem Benzin ein wenig eng. Aber wie immer in Bella Italia: Ende gut alles gut und wir fliegen über die Basilicata nach Matera zur Besichtigung der spektakulären Höhlenwohnungen. 

 

Die älteste Stadt Italiens ist gleichzeitig der am längsten dauerhaft besiedelte Ort der Welt – seit über 9.000 Jahren siedeln die Menschen schon in Matera. Weltkulturerbe, Hollywood-Filmkulisse für „Ben Hur”, „Die Passion Christi” und „Wonder Woman”: selbst Rochus und Martha sind tief beeindruckt von soviel Kultur. Shirly fotografiert wie verrückt für ihre Social Media Fans auf den Philippinen. Nur Roberto zappelt unruhig vor sich hin, will er uns heute doch noch das weltberühmte Tramutola zeigen, die Heimat seine Ahnen. Also machen wir uns auf die Socken und nehmen noch den Umweg über die berühmte Geisterstadt Craco, die nach einem Erdrutsch evakuiert wurde und seither als spektakuläre Filmkulisse dient.

 

Nicht Teil eines Films sind die dunkelschwarzen Unwetter-Wolken. Während Matera gerade vom Unwetter des Jahres überflutet wird, schwimmen wir zeitgleich nach Tramutola. Ein kurzer Boxenstopp in Robertos Heimat, ein Erinnerungsfoto vor seinem Geburtsort und weiter geht es auf zusehends nassen Socken. Die Guzzis schlingern hinunter ans Meer und die meisten von uns erleben dabei den Wolkenbruch ihres Lebens. Wasser von oben, unten, vorne, hinten, Blitze schlagen rund um die „Strada di Mare” ein und zuletzt geben dann auch die Daytona Stiefel ihren Geist auf.

 

Kaum in Sapri angekommen, ist auch der Spuk schon wieder vorbei. Die Kleidung tropft noch auf die Böden der großzügigen Zimmer des Hotel Tirreno und der Abstecher nach Maratea zur berühmtesten Christusfigur nach Rio de Janeiro wurde von der Reiseleitung wetterbedingt abgesagt – worauf Kreuzfahrer Rochus und Roberto beim Abendessen in Sapri eine Revolution entfachen. Die Regierung gibt nach, und so wird vereinbart, dass am folgenden Tag die einen zum Christus fahren, die anderen die Costa di Maratea erkunden und sich alle dann am Abend in Maiori an der Amalfiküste von ihren Abenteuern erzählen werden.


Geheimtipp an der Costa Maratea: Marina di Camerota, wo Fischer ihre Tintenfische noch lebend essen

Tag 9: Sapri – Maiori

 

Viele Wege führen nach Maiori

193 km, ø 36,8 km/h, 05:15 h

Die „Christus” Splittergruppe hat längst schon ausgecheckt, als Traugott, Lisi und ich in Richtung Marina di Carota aufbrechen. Die Straße über die Berge ist ein einziger Schaden, die Ausblicke über die Costa di Maretea sind die Rumpelei aber allemal wert. Weiters lernen wir, dass die Fischer von Marina di Carota ihre Tintenfische lebend essen und dass wir diesmal früh genug aufbrechen, weil die schwarzen Wolken schon wieder an den Himmel klopfen. 

 

Nach der abenteuerlichen Stadtdurchquerung von Salerno – wir werden immer frecher und bewundern gleichzeitig die italienischen Rollerkünstler – landen wir in Maiori an der pittoresken Amalfiküste mit Blick auf die „Star Clipper” die vor Amalfi ankert. Auf der Dachterrasse des Hotels Casa Mariannina warten schon die  Kreuzfahrern, die begeistert von ihrem Tag berichten. Hier der Originalbericht von Rochus:


Eigentlich wollten die Wallfahrer unter uns (Roberto, Martha, Shirly und Rochus) am Tag acht unserer Tour dem Christus von Maratea  –  immerhin die zweitgrößte Jesusfigur der Welt – einen Besuch abstatten. Leider hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht und uns noch eine Nacht hingehalten. Für das Warten wurden wir aber am nächsten Tag mit schönstem Sonnenschein belohnt. Gleich nach dem Frühstück macht sich das Quartett auf den Weg. Wie schon so oft auf dieser Tour, wieder entlang kurvenreicher Küstenstraßen die sich entlang der Felsen schlängeln und von denen man das tiefblaue Meer sieht. Nach ca. einer 45-minütigen Fahrt biegen wir rechts in einen Parkplatz ein, um nach einem kurzen Marsch über einen neu angelegten Fußgängerweg, der von unzähligen Echsen als Sonnenterasse genutzt wird, eine gläserne Aussichtsplattform zu erreichen. Die grandiose Aussicht verleitet zum Fotografieren, in der Ferne sind schon die Umrisse der Christusstatue sichtbar. Kaum zu glauben, aber das Ganze sollte noch besser werden! Nachdem wir wieder Fahrt aufnehmen befinden wir uns auf einem besonderen Streckenabschnitt, der direkt zu „Christo“ führt.

Die Straße ragt mittels  Bogenbrücken aus dem Gelände heraus, bietet wieder eine gewaltige Rundumsicht, gleichzeitig schraubt man sich mit jeder Kurve dem Christus von Maratea näher. Es wird nicht jedem oder jeder so gehen, aber bei mir stellt sich ein Gänsehautgefühl ein. Wow! Voll Begeisterung oben angekommen machen wir uns auf den Weg zur Christusstatue. Diese Figur ist durch ihre Größe schon sehr beeindruckend. Wieder werden unzählige Fotos geschossen. Nach den ausgiebigen Besichtigungen gönnen wir uns noch Kaffee und Kaltgetränke, um später wieder mit der restlichen Truppe die Tour fortzusetzen. Für mich persönlich ist das eines der Highlights auf der Adriatour, und das ist sicher nicht das letzte Mal, dass ich am Fuße des Christus von Maratea stehe.

Glücklich vereint machen wir uns abends auf die gemeinsame Futtersuche. Später, nach der schrecklichsten Pizza der Reise, entdecken wir eine unglaublich gemütliche einheimische Bar, wo alle Gäste Muscheln essen. Voller Vorfreude wird für den nächsten Abend reserviert. Leider wird daraus nichts werden, da die Bar am kommenden Abend wegen eines „Problems in der Küche” bis auf weiteres geschlossen sein wird.

Die Amalfi Küste: Picasso war hier, Romy Schneider war hier, Onassis und Jackie waren hier, wir waren hier

Tag 10: Maiori – Ruhetag

 

Amalfi: Flucht über das Wasser

13 Campari, 25 Capuccini, 90 min Schwimmen

Der zweiten Ruhetag der Reise, diesmal an der Amalfiküste. Die Mopeds bleiben im Stall, wir fahren mit dem überfüllten Bus und wollen Amalfi inspizieren. Die gute Nachricht: es ist nahezu unglaublich, wie die Busfahrer ihre Gefährte auf der Küstenstraße navigieren. Selbst minutenlanges, millimetergenaues Zirkulieren, wenn sich zwei Busse begegnen, bringt die Lenkradhelden nicht aus der Ruhe.

 

Die schlechte Nachricht: nach einer knapp einstündigen Fahrt für die gut fünf Kilometer treffen wir schon leicht genervt in Amalfi auf tausende Kreuzfahrt-, Wander-, Bade-, Amalfitouristen, die genau dorthin wollen, wo wir gerade sind. Wir treffen eine weise Entscheidung: Campari und Cappuccino trinken, Ausflug nach Positano, Capri etc. ersatzlos streichen und mit dem Boot zurück übers Meer fliehen.

 

So sehen wir zwar nicht die berühmten Plätze aber während unserer Flucht übers Meer erhalten wir einen kleines Beispiel von der Schönheit der zauberhaften, viel besungenen Amalfiküste. Entspannt nutzen Lisi und ich den angebrochenen Nachmittag für eine ausgedehnte Planscherei im inzwischen handwarmen Meer vor Maiori – zum ersten und gleichzeitig letzten Mal während unserer Adria-Umrundung.

 

Wie gesagt, unsere Muschelbar hat geschlossen und so folgen wir Roberto´s alternativen Empfehlung. Den Tag endet mit köstlichem italienischen Gelati am Boulevard der Träume von Sonne, Sand und Meer.


Bella Napoli für alle, die launische Kellner, abenteuerliche Hinterhöfe und strenge Gerüche sexy finden

Tag 11: Maiori – Neapel

 

Unterirdisch: Neapels Unterwelt

80 km, ø 44 km/h, 01:50 h

Wunderbares Frühstück auf der Hotelterrasse im 5. Stock mit Blick auf die Amalfiküste. Im Hotel wundert sich inzwischen niemand mehr über die Ritterrüstungen und Hellebarden, die irgendwie keinen Sinn ergeben aber zu unserer leicht durchgeknallten Reisegruppe passen. Letztere schwingt sich wieder auf die „Göppel” und flüchtet zum wiederholten Mal erfolglos vor dem Regen in die Berge. 

 

Auf halbem Weg zum Gipfel des Vesuv kehren wir dann um – der Blick auf Neapel versinkt im dichten Nebel. Nach dem eineinhalbstündigen Landeanflug auf Napoli landen wir endlich in einem morbiden Palazzo, unserem Hotel für die Nacht – das einzig Moderne im antiquierten Lift ist sein Münzautomat, der uns pro Fahrt in den 2. Stock 0,20 € abknöpft. 

 

Frisch geduscht auf in die Altstadt von Neapel: viel Dreck, viele Menschen, bröckelnde Fassaden, faulige Gerüche und Kellner, die ihre Gäste beschimpfen – Diego Maradonas Stadt und ich werden keine Freunde mehr werden. Auch die Führung durch das unterirdische Neapel ist eher unterirdisch und ihr Geld nicht wert. Selbst Traugotts Kathi protestiert mit beleidigtem Schweigen und verlangt nach einer neuen Batterie.

 

Lisi und ich haben genug von der Altstadt, nehmen ein Taxi in den neuen, frisch renovierten Teil und betrinken uns in einer Straßenbar. Zurück im Hotel ruft uns Traugott an – wir schmeissen nochmals 20,- cts in den Lift und kehren wieder zurück in die Bar.

 

Ich freue mich schon auf Morgen, wenn wir die Stadt verlassen werden.

Wo sich Wölfe und Bären Gute Nacht sagen ist die Welt noch in Ordnung

Tag 12: Neapel – Santo Stefano di Sessano

 

Mitten ins Herz der Abruzzen

257 km, ø 62 km/h, 04:07 h

Auch das Frühstück in Neapel ist anders: für ca. 20 Gäste gibt es nur vier Tischchen im kleinen Wohnzimmer des Palazzos. Statt Kaffeeduft liegt Spannung in der Luft, während wir Blitze auf die aktuellen Tischgäste schleudern, bis sie genervt in ihre Zimmer verschwinden.

 

Arreviderci Napoli auf der A1 nach Norden und nach 65 km bei Caianello auf die SS85 in die Abruzzen. Die Landschaft wir immer schöner und wir tuckern entspannt und viel zu schnell durch die Botanik. Halt auf einem Rastplatz bei Gole di San Venanzio, wo die Rennstrecke direkt vor unseren Augen von lokalen Knieschleifern sehr gut bespielt wird.

 

Ein paar Kilometer weiter sehen wir altes Gemäuer auf einem Hügel. Wir nehmen den Abstecher auf einer Schotterstraße und landen in Peltuinum, einer antiken Stadt der Römer, wo die „Rösser” beim ehemaligen Stadttor neben dem Amphitheater geparkt und fotografiert werden.

 

Immer wieder führt Google durch enge, steile und verwinkelte Ortsdurchfahrten bis zum Ziel des Tages: das mittelalterliche Santo Stefano di Sessiano, das zu den schönsten Dörfern Italiens zählt. Durch ein Erdbeben 2009 schwer beschädigt, wurde und wird das malerische 110 Seelen Dorf wieder aufgebaut. Ich mach mich mit der Kamera auf eine Shooting-Tour und bereue, dass wir hier nicht länger bleiben werden: in jeder kleinen Nische der engen Gassen steht ein Tisch mit zumindest zwei Stühlen für Gäste, die bekocht und betrunken werden wollen.

 

Ein paar Schritte entfernt vom Dorf begrüßt uns ein witziger Kauz mit Hut, der sich als Hotelmanager ausgibt. Sein Bruder hat seine zum Eiswagen umgebaute Vespa Ape vor dem Hotel La Locanda sul Lago geparkt und lädt Martha und Lisi zu forschen Extrarunden um den Lago ein. Abends geniessen wir ein fantastisches Diner im ehemaligen Stall eines Restaurants mit ausgezeichnetem Wein aus der Gegend – besser kann man sich vom Chaos in Neapel nicht erholen.

Die Glorreichen Sieben auf dem Weg zum Campo Imperatore

Tag 13: Campo Imperatore – Saturnia Terme

 

Ein Traum, hingeworfen für die Ewigkeit

367 km, ø 55 km/h, 06:39 h

Die Vögel zwitschern, die Morgensonne taucht die Abruzzen in warmes Licht, dazu ein feines Frühstück. Eine Stunde später steht der Wegweiser zum Campo Imperatore unter Wasser: das Wetter hat in Rekordzeit umgeschlagen, es gießt aus allen Kübeln und die Temperatur ist auf 6°C gestürzt – immerhin noch plus. Und weil wir schon mal hier sind, fahren wir die Sackgasse hinauf zum Hotel, wo einst der dort eingebuchtete Duce Mussolini von Adolfs Schergen befreit wurde (nicht der einzige Fehler des Gröfaz). Dort oben spielen wenige Besucher Gorillas im Nebel, die Temperatur ist um weitere 2°C gefallen.

 

Auf dem Wasserfall hinunter nach L'Aquila verfahren wir uns um extranasse 40 km und weitere 200 km in Richtung Osten werden zum Härtetest unserer Bademode: die Vanucci-Stiefel taugen nix, die Daytona-Stiefel sind nicht viel besser, die Held Handschuhe taugen nix und ein Schuberth M1 weint von innen und beschlägt daher dauernd. Dasselbe berichtet Traugott von seinen Triumph Regenkleidern – nur Roberto hat kein Probleme mit Handschuhen: er fährt ohne.

 

Erst ab Almelia an der SS205 wird das Wetter besser und ab Orvieto wird es dann ganz gut. Und der Lago di Bolsena versöhnt schließlich mit dem grausigen Beginn dieses Tages. Der See. Der Mohn. Das Getreide. Das Grün. Der junge Wein unter den fetten Wolken über einer Landschaft zum Weinen vor Glück!

 

Wir fliegen über eine der schönsten Regionen Europas: Die Farben und die Straßen, der Geruch und das Licht – ein Traum, hingeworfen für die Ewigkeit.

 

Die Reifen krallen sich in perfekte Kurvenkombinationen, die Zypressen zeigen an, dass wir in der Toskana gelandet sind und nur wenig später blicken wir vom Parkplatz an der Straße hinunter zur berühmten Therme von Saturnia. Der Empfang im Agriturismo ist herzlich – alle freuen sich: die Hausherrin (Daria), der Hund (Leica), die Kühe, die Katzen, Schafe, Pferde, Füchse und Hasen und alle, die sich hier am Land „Gute Nacht” sagen. Und auch wir freuen uns auf den dritten (und letzten) Ruhetag  dieser Reise rund um die Adria. Asterix bei den Etruskern, sozusagen.

Toskana für Fortgeschrittene: die Strohräder, die Zypressen. Und der Geruch nach Schwefel

Tag 14: Saturnia Terme, Ruhetag

 

Der Atem des Teufels im Paradies

6x Campari, 2 l Morellino di Scansano, 5x Wildschweingulasch

Der Tag beginnt mit einem opulenten Frühstück in Darias Küche. Käse, Schinken, Salami, Joghurt, Marmelade – alles selbst gemacht von der fleißigen Gastgeberin. Anschließend tuckern wir nach Saturnia City und folgen einem strengen Konzept:

  1. Den Vormittag mit Campari Soda Eintrinken
  2. Schönheitsbad im Schwefelwasser von Saturnia Terme
  3. Professionelles Trödeln auf dem Bauernhof, inklusive schmusen mit Leica
  4. Fertig und hübsch machen zum Wildschwein essen in Saturnia City
  5. Das ein und/oder andere Feierabendbier öffnen (und trinken)
  6. Mit einem Lächeln auf den Lippen einschlafen
  7. Vom wunderbaren Frühstück in Darias Familienküche träumen

Genau so machen wir das und schon bei Punkt 5. wir sind uns einig: das war ein guter Plan zur rechten Zeit am rechten Ort.

Über die Hügel und durch die Täler hinauf auf die Berge und hinunter nach Ferrari

Tag 15: Saturnia Terme – Maranello

 

Hochkultur: Konzert der zwölf Zylinder

323 km, ø 54 km/h, 05:59 h

Träge geworden trödeln wir nordwärts durch die Toskana. Die meisten Ortsnamen sind aus einer Toskana Tour im vergangenen Jahr bekannt: Siena, Val d'Elsa, Poggibonsi, San Gimignano Certaldo, Vinci, Pistoia – nachzublättern auf https://https://guzzisti.at/in-strada/italien/toskana-florenz-2023

 

Bei Riola schwenken wir nordwestlich auf die SP67 und räubern durch hunderte von Kurven über die Berge der Emilia Romagna. Die Straßen und ihre Buckel fordern das Öhlins-Bein und die Landschaft wechselt vom Toskana- in den Schwarzwald-Modus.

 

Dem Flusstal des Panaro entlang freuen wir uns nach sechs Stunden auf Maranello, dem heiligen Gral italophiler Motorsportler. Beim Kreisverkehr vor dem Hotel werde ich zur ersten Vollbremsung der Tour gezwungen: der schlechteste Autofahrer Italiens bleibt mitten auf der Straße einfach stehen. Martha schießt neben mir vorbei – versetztes Fahren rettet vor einer schmerzhaften Karambolage. Das Hotel Planet liegt direkt in Sichtweite des Ferrari-Tempels.

Das Ende der Reise versenken wir am Ufer des Iseo Sees

Tag 16: Maranello – Iseo

 

„Knocking on heavens door”

189 km, ø 90 km/h, 02:05 h

Unsere Reisegruppe trennt sich noch einmal: die Kulturbanausen:innen machen sich schon auf den Weg zum Iseosee. Traugott, Lisi und ich betreten die Kathedrale des italienischen Automobilbaus – Morgenandacht zum perfekten Zeitpunkt: um 10:00 h sind nur wenige Besucher vor Ort und so besteht die Möglichkeit, die Ferraris ohne störende Zweibeiner:innen zu fotografien. Tief beeindruckend sind auch die Preise – meine neue Ferrari-Tasse um 40,- € ist so ziemlich der billigste Merchandising-Artikel im Haus.

 

Nach der Kultur kommt die Autobahn und die ist viel langweiliger. Zeit genug, über die letzten 3.500 km nachzudenken: Franz und Sissi in Opatja, das Orgelkonzert von Zadar, die Königin der Küstenstraßen, die lila Grenze von Albanien, mein persönlicher Sonnenaufgang auf der Fähre, die Unwetter in Süditalien und am Campo Imperatore, der Hoteldirektor mit Hut und Blazer beim Jäten in Santo Steffano und sein verrückter Bruder mit der fahbaren Eisdiele, die von den Blitzen der Götter geformten Schwefelbecken von Saturnia, mein Beinahe-Crash in Maranello und der wundervolle Abend, der in Iseo jetzt auf uns wartet.

 

Wir alle lieben Iseo und unser Hotel Ambra, das direkt in der Fußgängerzone am gut gefüllten See liegt. Die entspannte Atmosphäre der kleinen Stadt, die liebevoll gestaltete Uferpromenade, der berührende Sonnenuntergang, die erstklassige Pizza und der live Gitarrero, der zum Boxenstopp in einer Bar am See lockt. Ein wenig Wehmut spielt mit, als er „Knocking on heavens door” spielt: 

 

Genau das haben wir in den letzten 16 Tagen getan!

Vom Regen in die Sonne, in die Wärme, in die Kälte, in den Schnee und zurück in den Regen

Tag 17: Iseo – Feldkirch

 

Der Kreis schließt sich. Im Regen.

414 km, ø 61 km/h, 05:00 h

Nördlich bis Edolo, Schwenk nach Westen, dann wieder nach Norden und schon heißt es „Arrivederci Italia” am Grenzübergang Campocologno. Später stehen wir im Schnee auf dem Berninapass und zahlen unsere Rösti in Schweizer Fränkli. Wie immer zieht sich dann der Weg über den Fluela-Pass hinunter über Davos und Landquart.

 

Und wie immer beginnt es bei unserem Abschiedsbier in der Werkstatt Rankweil traditionell zu regnen. Wir sparen uns für den letzten Kilometer das Regenzeug, nicht wissend, dass wir es die kommenden Tage und Wochen fast ständig tragen werden, in diesem „Sommer” 2024.

Fotos: Traugott Schneidtinger, Roberto Murena, Martha Winkler, Shirly Tschabrun, Elisabeth & Gernot Stadler

Infobox / Routenplaner

Motorradtour Rund um die Adria:

Österreich – Slowenien – Kroatien – Montenegro – Albanien – Italien – Schweiz

Die Motorradtour rund um die Adria mit Start und Ziel in Vorarlberg (Bodensee) dauerte 17 Tage und führte über 3.800 km. Aufgrund der Größe der Gruppe mussten sämtliche Hotels vorgebucht werden. Das Problem war die Fähre von Dubrovnik nach Bari: obwohl Wochen zuvor gebucht und bezahlt wurde von der Reederei Jadrolinija wenige Tage vor Reiseantritt storniert. Ohne Begründung, ohne Alternativ-Datum. Mit viel Glück gelang es uns, kurzfristig die GNV Fähre von Durres (Albanien) zu buchen. Da dies eine Nachtfähre war, mussten wir lediglich das erste Hotel in Italien stornieren und dazu die Etappe von Bari aus nach Westen neu planen.

 

Am Start waren drei Moto Guzzi V85TT, eine Moto Guzzi Norge und eine KTM 990 Adventure.

Größere Pannen gab es keine, lediglich eine Schraube (Handschutz rechts) an einer V85TT löste sich und musste mit Kabelbinder provisorisch repariert werden. Bei der KTM ging in Neapel die Batterie in die Knie, Ersatz konnte kurzfristig besorgt und mit Taxi abgeholt werden. Die Guzzis brauchten ca. einen halben Liter Öl, die KTM benötigte mehr Streicheleinheiten und ließ sich mit einem ganzen Liter Öl verwöhnen (hatte ja auch 500 zusätzliche km in den Speichen).

 

Der Starkregen in der Basilikata und am Campo Imperatore offenbarten einige Schwächen bei der Regenkleidung. Kein Modell hielt wirklich dicht, für die  Schuhe gilt dasselbe. Lediglich die Daytonas zeigten am Oberfuss links und rechts nur leichte Wasserspuren. Für die Handschuhe haben sich die Überhandschuhe von IXS Virus bewährt. Bei den Helmen gab es keine Probleme, nur der Schuberth M1 nervte mit Wasser auf der Innsenseite des Visiers.


Ewiges Thema Navigation: sämtliche Routen wurden auf Google Maps, dem Motorrad Navi-App Scenic geplant (Achtung: Roaming Montenegro und Albanien) und klassischen Landkarten geplant. Auf Unterhaltungselektronik wurde weitgehend verzichtet – das stört die Konzentration und Wahrnehmung mehr, als es Emotionen bringt. Digitale Kommunikation zwischen zwei Teilnehmern wurde nur wenig genutzt und niemand war so wichtig, dass er während der Fahrt dauernd am Telefon hängen musste. Resümée: „Old school” in Sachen Elektronik bringt mehr Motorradspass, animiert zum Mitdenken und fördert vor allem die Konzentration auf Straßen wie der kurvenreichen Jadranska Magistrale.


Auf die 17-tägige Motorradtour wurden drei Ruhetage verteilt. Im Nachhinein betrachtet wären 2-tägige No-Bike-Days für Besichtigungen oder Museumsbesuche von Vorteil gewesen. Auch weitere Abstecher ins Landesinnere (Montenegro! Albanien! Apulie! Gran Sasso!) sind extrem reizvoll. Insofern sind drei Wochen für die Rund-um-Adria Tour ideal.

Tag 05
Bol (Brac) – Ruhetag


Tag 10
Maiori Ruhetag


Tag 14
Saturnia Terme Ruhetag