Butana Rosso!

Moto Guzzi Galletto

von Dagmar Tiefenbrunner

Moto Guzzi Galletto 160cc, ganz genau Secondo Tipo und das in Rot. Wie unschwer zu erkennen, ist Galletto italienisch und bedeutet "Hähnchen", in diesem Fall ein rotes Hähnchen. So etwas läuft einem ja nicht gerade per Zufall über die Straße, nein, man muss schon danach suchen.


Nachdem sich meine Tochter Verena eine alte Zündapp gekauft hatte und diese beim versierten und detailverliebten Puch-Schrauber Crisu (Klaus Amann) hatte technisch aufpolieren lassen, erwachte auch in mir der Wunsch nach so einem schwach motorisierten Zweirad der ausgefallenen Art. Wie ich nun mal bin, sollte es aber auch etwas Besonderes sein und so gingen Crisu und ich im Internet auf die Suche. Es war wie eine Offenbarung, als plötzlich das Bild dieses arschgeilen Teils in Rot am Bildschirm erschien. Es war keine Frage, das ist es und nur das muss her. Es war Liebe auf den ersten Blick und schnell wurde man sich mit dem Verkäufer in der Nähe von Osnabrück über Preis und Lieferung einig und seine Aussage "sie läuft" stimmte uns siegessicher.

 

Erste Tritte auf den Kicker

Als die Spedition mein Guzzile, wie es fortan von mir liebevoll genannt wird bei Crisu ankam, klingelte bei mir das Handy und schon wenige Minuten später war ich bei seiner Werkstatt und das stand sie dann. Rot und in einem Zustand, als könnte man schon gleich eine Runde damit fahren. Das Baujahr 1950 veranlasste Crisu aber doch dazu, zuerst mal einen genaueren Blick darauf zu werfen, außerdem musste auch Crisus Wissen und handwerkliches Können Einsatz finden, was sonst macht einen Schrauber glücklich.

 

Die ersten Tritte auf den Kicker waren nicht von Erfolg gekrönt, aber das wäre normal meinte Crisu, das bekommen wir schon hin. Ich ließ ihn also für einige Tage allein mit meinem Guzzile in der Hoffnung, jeden Moment die Nachricht zu bekommen, dass sie läuft. In meiner Phantasie fuhr ich schon mit wehendem Schal durch die weite Landschaft, den Wind in den Haaren ... halt, ich hab ja einen Helm auf ... aber zumindest im Gesicht, blauer Himmel, Wiesen und Wälder öffnen sich vor mir und ziehen vorbei. Oh ja!

 

Als mich Crisu dann nach Tagen anrief, teilte er mir mit, dass er doch einige Teile bestellen müsse, allerdings wäre dies nicht einfach, da Ersatzteile für dieses Modell sehr rar am Markt waren oder genauer gesagt so gut wie nicht vorhanden sind.

Erste Erfolge

Die Bremsbeläge mussten getauscht werden, neue Reifen aufgezogen, der Auspuff in einem desolaten Zustand, die Hupe geht nicht und der Tachowellenanschluss im Motorgehäuse wurde durch einen simplen Deckel verschlossen. Die Batterie fehlte, die Kupplung rutscht und der Vergaser leckt. Die Lichtmaschine entlockt der Glühbirne den Schein einer ausgehenden Kerze, dafür war die Montage eines neuen Ölhahns ein erster voller Erfolg. Crisu ist immer noch zuversichtlich, doch schleicht sich auch bei ihm langsam Ratlosigkeit ein, wenn man den traurigen Gesamtzustand meines Guzziles analysiert und immer wieder neue Wehwehchen entdeckt.

 

Immer wieder schickt Crisu kurze Videos, in denen er die Galletto Rosso stolz mit laufendem Motor zeigt. Auch der Dreh am Gashebel bring den Motor brav auf Touren und verspricht eine hoffentlich baldige Testrunde.

 

Bausparer auflösen?

Bei meinem letzten Besuch meinte Crisu dann, ich sollte sie doch mal starten. Meine beherzten Tritte auf den Kicker blieben erfolglos und auch die darauffolgenden weniger zärtlichen, männlichen Tritte von Crisu und genauer Hebelstellungen von Choke und Vorzündung konnten die Galletto Rosso nicht in die Gänge bringen ... Butana Rosso! Aber Crisu weiß sich immer zu helfen und so startete er mithilfe seines Akkubohrers, angedockt am Schwungrad schnell den Motor, welcher dann gleichmäßig und ohne Ruckeln läuft. Etwas grob im Ton, was aber den Rückschluss zulässt, dass es sich um einen robusten und zuverlässigen Motor und Begleiter auf Reisen handelt.

 

Tja, die rutschende Kupplung ist auch mit ein Grund, warum sich Guzzile so ungern starten lässt. Crisu meint in seiner stoischen Art, man müsse halt dann doch den Motor ausbauen und die Kupplung erneuern, während er sich ein Bier aus seiner Schankanlage zapfte. In meinen Gedanken summieren sich zu den Erstehungskosten von € 2.689,00 weitere unzählige Euronen und Crisu meinte lächelnd, dass es wohl Sinn mache, den Bausparvertrag langsam aufzulösen... Scherz.

 

Eines Tages ...

Der rote Lack glänzt und ist das Schönste in der Gesamterscheinung und die wenigen Stellen, welche ausgebessert werden sollten, würde Crisu mit extra angemischtem Rot ausbessern. Super! Wechselt er gerade zu den einfacheren Problemen oder will er sich nur etwas von den unzähligen Baustellen dieses unergründlichen Fahrzeugs erholen? Nein, wenn bei mir in meiner Ungeduld die Zuversicht schwindet, ist Crisu noch voll dabei und sich sicher, dass eines Tages mich mein Guzzile sicher und zuverlässig durch die Weiten fahren wird. Zur Zeit wird sie aber noch auf der Intensivstation von Dr. Crisu behandelt. Ihr Zustand soll stabil sein.

 

To be continued…

Technische Daten

Moto Guzzi Galletto 160cc Secondo Tipo


Baujahr: ca. 1950
Hubraum: 159,5 ccm
Bohrung/Hub: 62 x 53 mm
Verdichtung: 60:1
Leistung: 6 PS bei 5.200 U/min
V-max: 80 km/h
Verbrauch: 2,6 l/100 km
Gewicht: 107 kg


Moto Guzzi Galletto 1950 – 1966

Quelle: Wikipedia. Seite „Moto Guzzi Galletto“. Bearbeitungsstand: 19. Mai 2019. 

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Moto_Guzzi_Galletto&oldid=188744976 

(Abgerufen: 24. Januar 2022)

Geschichte

 

1950 wurde die Galletto von Carlo Guzzi als Motorroller mit großen Rädern und einem neuen Einzylindermotor mit 150 cm³ entworfen. Im selben Jahr wurde die Galletto 160 als erstes Serienmodell der Baureihe mit leicht vergrößertem Motor auf den Markt gebracht.

 

1951 wurde der anfänglich eingebaute Tipp-Fußschalthebel durch eine Schaltwippe, wie bei den Motorrädern der Marke üblich ersetzt. Ende 1952 war ein auf 175 cm³ vergrößerter Motor erhältlich und 1954 ein auf 192 cm³ vergrößerter. Ab 1961 gab es einen elektrischen Anlasser.

 

Der Verkaufspreis lag während der gesamten Bauzeit bei ca. ITL 265.000 (€ 136,86). 1966 wurde die Fertigung ohne Nachfolger eingestellt.

Motor und Antrieb

 
Die Galletto hat einen luftgekühlten Einzylinder-Viertaktmotor mit liegendem Zylinder. Auf dem linken Stumpf der zweifach gelagerten Kurbelwelle befindet sich eine Mehrscheiben-Ölbadkupplung, über die die Motorkraft an ein schrägverzahntes Dreiganggetriebe (ab November 1952: Vierganggetriebe) weitergeleitet wird.

 

Das Getriebe ist mit einer Schaltwippe (im ersten Baujahr mit einem Tipp-Fußschalthebel) an der rechten Motorseite zu bedienen; der erste Gang liegt unten. Mit dem Hinterrad ist das Getriebe durch eine Rollenkette verbunden. Die beiden hängenden Ventile sind über Stoßstangen und Kipphebel von der unten liegenden Nockenwelle angesteuert. Zum Abstellen des Motors werden die Stoßstangen über einen Ventilausheber nach vorne gedrückt, sodass beide Ventile öffnen. Der Magnetzünder ist durch ein Stirnradgetriebe auf der linken Motorseite angetrieben.

 

Die Gemischaufbereitung bewerkstelligt ein Flachstromvergaser mit Rundschieber, 18 mm Durchlass und ohne Luftfilter.

Rahmen und Fahrwerk


Die Galletto hat einen Rahmen aus Blechpressteilen. Die Hinterradschwinge besitzt eine Cantileverfederung mit Reibungsdämpfern. Das Vorderrad sitzt bei den bis 1964 gefertigten Modellen in einer Upside-Down-Gabel.

 

Die 17″-Räder sind als Drahtspeichenräder ausgeführt und besitzen Vollnaben-Trommelbremsen. Die hintere Bremse wird über einen Fußhebel an der linken Motorseite und ein Gestänge bedient, die vordere mit einem Seilzug vom Lenker aus. Auf Wunsch gab es ein vor dem Beinschild eingebautes Reserverad, welches vorne und hinten eingebaut werden kann. Wurde dies nicht gewünscht, war dort eine leere Verkleidung und es gab ITL 4000 Preisnachlass.

Werkstoffe und Lackierung

 
Motor-/Getriebegehäuse, der Zylinder und der Zylinderkopf sind bei der Galletto 160 aus Aluminium und bei den Galletto 175 und 192 aus Gusseisen gefertigt. Der Rahmen, die Vorderradgabel, der Tank, die Schutzbleche und die Hinterradschwinge dagegen sind aus Stahlblech.

 

Die Galletto war anfangs meist in elfenbein lieferbar. Das 192er-Modell gab es in grau und auf Wunsch in feuerrot. Abziehbilder finden sich auf den Seitendeckeln der Maschinen als goldfarbene Moto-Guzzi-Embleme sowie vorne auf der Verkleidung ein Hahn.